Umnutzung denkmalgeschützter Bauernhof im Allgäu · 300 Jahre altes Bauernhaus

Stube

Schlaf- und Arbeitszimmer

Schlaf- und Arbeitszimmer

Gästezimmer

Fensterdetail

Historisches Holz-Tragwerk

Kachelofen und Wandmalerei

Straßenseite mit patiniertem Putz

 

Umnutzung denkmalgeschützter Bauernhof im Allgäu

 

Planung und Ausführung 2010

Bauherr Privat

 

Schon bei der ersten Besichtigung des Bauernhauses stand fest, den Charakter der Räume und des Gebäudes unbedingt zu erhalten. Zu Beginn der Umnutzung wurden alle Räume ausgeräumt. Nur die alte Sitzbank in der Stube und die beiden alten Kachelöfen und der Herd blieben noch als "Möbel" stehen. Nun zeigte sich der ganze Charme der alten Räume, mit ihrer gelebten Patina, ihren einfachen aber wohl durchdachten Details und die faszinierende Schönheit der zum Teil seit Jahrhunderten unveränderten Oberflächen.

 

Um diese Atmosphäre zu bewahren sollten nur sehr wenige neue Möbel und Einbauten hinzugefügt werden. Auch war es wichtig, dass die neuen Möbel möglichst abstrakt und ehrlich in Ihrer Materialität und Konstruktion bleiben. Für die neuen Möbel wurden aus dem auf der anderen Flussseite liegenden Sägewerk dicke, bis zu 60cm breite Tannenbretter ausgesucht. Die Bretter stammen aus den umliegenden Wäldern des Ammergebirges und lagerten seit einem Jahrzehnt zur natürlichen Trocknung gestapelt im Freien. Aus diesen Brettern wurden alle neuen Möbel gebaut. Die Tische, die Sitzbänke, der Hocker. So konnte die alte, patinierte Aura der Räume durch die Einfachheit der nur wenigen, abstrakten Holzmöbel bewahrt werden.

 

Dieses Wegnehmen, Herausschälen und Freilegen, um den über die Jahrhunderte entstandenen Charakter eines Gebäudes zu bewahren und nicht das Hinzufügen, Verbessern und Optimieren ist sicherlich nicht für jede Umnutzung eines historischen, denkmalgeschützten Gebäudes geeignet. Es erfordert auch die Bereitschaft der Bewohner Kompromisse bei der Bequemlichkeit hinzunehmen, wie die Reduzierung der bewohnbaren Räume in den Wintermonaten aufgrund der wenigen Heizstellen und der geringen Dämmung der Außenwände.

 

Aber es zeigt eine andere Möglichkeit auf, über das Thema der Wertigkeit und Nachhaltigkeit nachzudenken und die Frage nach der eigentlichen Qualität historischer Zeugnisse aus anderen Zeiten mit ihrer erlebten und gelebten Geschichte zu stellen. Ist die Reduzierung der beheizten Wohnfläche nicht auch eine andere Art sinnvoll mit Ressourcen umzugehen? Ist das Bewahren des Charakters eines über Jahrhunderte gewachsenen Gebäudes, von den Schichten, Abblätterungen und der Patina der gekalkten Außenwände, bis zur feinsten handwerklichen Verbindung der schmalen Fensterrahmen mit Holznägeln und historischen Gläsern nicht auch schützenswert? Hat dieser Charakter nicht viel mehr einen unschätzbaren, weil unwiederbringlichen und unvergleichlichen Wert?

 

Die Umnutzung und das Leben mit dem Bauernhaus im Allgäu versucht eine Annäherung an diese Fragen und an die Antworten.

 

© Rustler Schriever